Wie in allen Heil- und Pflegebereichen braucht der Gründer einer Ergotherapiepraxis vor allem zwei Dinge – eine fundierte Ausbildung sowie Empathie für seine Patienten. Da die Ausübung therapeutischer Tätigkeiten gesetzlich stark überwacht wird, sollte die selbstständige Tätigkeit als Ergotherapeut in der eigenen Praxis gut überdacht und vorbereitet werden. Neben den Anforderungen an den Existenzgründer und seine Kenntnisse sind auch die Anforderungen an beispielsweise Praxisräume oder -organisation klar geregelt und werden penibel überwacht.
Besonderheiten bei der Gründung einer Ergotherapiepraxis
Wie in anderen Bereichen der Erbringung von Heil- und Pflegedienstleistungen bestehen für die Eröffnung einer Ergotherapiepraxis umfangreiche Zulassungsempfehlungen. Diese Empfehlungen werden vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) festgehalten und überprüft. Sie orientieren sich an den Regelungen des Sozialgesetzbuches (SGB V) zur Leistungserbringung von Heilmitteln als Dienstleistung an Versicherte. Diese Zulassungsempfehlungen sind von allen Leistungserbringern zu erfüllen, sofern diese ihre Leistungen mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen möchten.
Wer sich mit einer Ergotherapiepraxis selbstständig machen möchte, muss für die entsprechende Zulassung folgende Voraussetzungen erfüllen:
- Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung Ergotherapeut: Entweder bringt der Gründer die Berufsurkunde selbst mit oder stellt eine fachliche Leitung mit der notwendigen Qualifikation ein.
- Mindestanforderungen an die Praxisräume: Es müssen mindestens 20 qm Therapiefläche gegeben sein, die in zwei separate Behandlungsräume aufgeteilt sind. Die beiden Räume müssen dabei mindestens 12 qm und mindestens 8 qm groß sein. Zusätzlich muss für jede weitere Fachkraft ein weiterer Therapieraum von mindestens 12 qm vorhanden sein. Außerdem gibt es weitere Anforderungen an zum Beispiel die Deckenhöhe.
- Vorliegen der Pflichtausstattung: Neben Behandlungsliegen müssen auch ausreichend Sitzmöglichkeiten oder Ablagemöglichkeiten für Kleidung in jedem Behandlungsraum enthalten sein. Hinzu kommen geeignetes Lagerungsmaterial und Geräte zur Durchführung der Behandlungen.
- Praxisöffnungszeit: Die Ergotherapiepraxis muss mindestens 30 Wochenstunden für anspruchsberechtigte GKV-Patienten geöffnet haben. Diese Öffnungszeiten müssen außerdem in geeigneter Art und Weise veröffentlicht werden, innerhalb dieser Zeit muss ausreichend fachkundiges Personal vor Ort sein.
- Anerkennung der Rahmenverträge des DVE mit den Krankenkassen: Der Deutsche Verband Ergotherapie (DVE) stellt das Organ der Interessenvertretung der einzelnen Mitglieder gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen dar. Der DVE verhandelt mit den Krankenkassen die Rahmenverträge und Preisvereinbarungen. Darüber hinaus unterstützt der Verband auch in Fragen zur Organisation und stellt relevante Studien zur Verfügung.
Außerdem müssen Gründer, sofern Sie Mitarbeiter beschäftigen wollen, Voraussetzungen der Arbeitsstättenverordnung oder aus den jeweiligen Landesbauordnungen beachten und erfüllen. Diese sind unabhängig von den Zulassungsempfehlungen der GKV.
Steuerliche Behandlung von Ergotherapiepraxen
Ergotherapeuten zählen wie alle anderen Heilmittelerbinger gemäß §18 des Einkommensteuergesetz zu den Katalogberufen, sie sind also Freiberufler. Dies befreit grundsätzlich von einer Anmeldung beim Gewerbeamt. Die Anmeldung der Tätigkeit erfolgt somit direkt beim Finanzamt. Es besteht dadurch keine Verpflichtung zur Abführung der Gewerbesteuer. Allerdings kommt es gerade im Bereich der Heilerbringer immer wieder zu Prüfungen, ob tatsächlich eine freiberufliche Tätigkeit vorliegt oder ob doch eine Gewerbeanmeldung notwendig wird. Wenn beispielsweise mehr als drei Angestellte beschäftigt werden oder ein weiterer Standort eröffnet wird, geht der Gesetzgeber davon aus, dass die sogenannte Eigenverantwortlichkeit des Inhabers nicht mehr garantiert ist. In diesem Fall muss eine Gewerbeanmeldung erfolgen. Ebenso kann eine Gewerbeanmeldung notwendig werden, wenn zusätzlich Therapie-Utensilien oder ähnliche Produkte verkauft werden. Liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor, entsteht somit auch die Verpflichtung zur Abführung der Gewerbesteuer.
Auch die Frage der Verpflichtung zum Ausweis und der Abführung der Umsatzsteuer muss beim Aufbau einer Ergotherapiepraxis beachtet werden. Leistungen, die im Rahmen einer ärztlichen Verordnung oder als Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen erbracht werden, sind nicht umsatzsteuerpflichtig, allerdings gibt es auch Ausnahmen von dieser Befreiung. Sobald die ärztliche Anordnung ausgelaufen ist, müssen die erbrachten Leistungen unter Berücksichtigung der Umsatzsteuer abgerechnet werden. Dies kann allerdings umgangen werden, sofern der Ergotherapeut auch eine Zulassung als Heilpraktiker hat.
Es empfiehlt sich daher, dass eigene Vorhaben und die angebotenen Leistungen im Vorfeld genau zu definieren und mit einem Steuerberater und dem zuständigen Verband zu diskutieren. Die Entscheidung über das Angebot kann sich außerdem auch auf die benötigten Mitarbeiter, die weitere Ausstattung der Praxisräume oder auch auf die Planungen im Bereich Marketing & Vertrieb auswirken.
Selbstständigkeit mit Ergotherapiepraxis hat gute Zukunftsaussichten
Der Bedarf an ergotherapeutischen Behandlungsangeboten wird in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Die alternde Gesellschaft und die langjährige Etablierung der Ergotherapie als festem Bestandteil in der Behandlungslandschaft bieten eine Grundlage für die Eröffnung einer eigenen Ergotherapiepraxis. Durch eine hohe Patientenorientierung, professionellen Angeboten und einem gut gewählten Standort mit modernen Praxisräumen besteht für Existenzgründer eine hohe Chance, das eigene Vorhaben zu verwirklichen und langfristig am Markt zu etablieren.
Businessplan beim Selbstständig machen nicht vergessen
Neben den zu erfüllenden rechtlichen Vorgaben sind eine klare Struktur und ein schlüssiges Geschäftskonzept notwendig. Diese lassen sich durch einen Businessplan erreichen, welcher vor der Existenzgründung erstellt wird. Dazu gehören die detaillierte Analyse des Standortes, des Wettbewerbs, der Zielgruppe, die Darstellung von Alleinstellungsmerkmalen wie auch der Kalkulation zur Sicherstellung einer profitablen Selbstständigkeit. Um finanzielle Engpässe zu vermeiden, kann Fremdkapital aufgenommen und so die in Bezug auf Liquidität schwierige Anfangsphase überbrückt werden. Auch hierzu kann man den Geschäftsplan verwenden. In jedem Fall hilft dieser, die eigenen Gedanken zu strukturieren und aus der ersten Idee einer Selbstständigkeit ein Geschäftsmodell mit rotem Faden zu entwickeln. Da es insbesondere zu Beginn viele Fallstricke bei der Businessplan-Erstellung gibt, sollte diese Aufgabe im Rahmen einer Existenzgründungsberatung angegangen werden. Es gibt zahlreiche Förderprogramme für Gründer, auch eine solche Beratung wird je nach Bundesland staatlich gefördert (Tipp: Fördercheck). Wer einen geeigneten Gründungsberater sucht, kann auch unseren Service „Berater finden“ nutzen.
Lesetipp: Businessplan erstellen für eine Ergotherapiepraxis
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Einen Businessplan zu erstellen ist auf jeden Fall auch nie ein Fehler. Die Erfahrung habe ich zumindest gemacht. Selbst bei so einem Bereich wie der Ergotherapie kann das von Vorteil sein.