Die Insolvenzquote in Deutschland ist seit Jahren rückläufig und hat trotz der Entwicklungen im Jahr 2020 keinen großen Anstieg verzeichnet. Dies ist vor allem auf die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30. April 2021 zurückzuführen. Durch die Aussetzung wurde Unternehmen, die durch die Pandemielage in Schwierigkeiten geraten sind, die Möglichkeit gegeben, Maßnahmen zur Sicherung des Fortbestandes zu ergreifen. Neben der kurzfristigen Überbrückung von Liquiditätsengpässen soll den Unternehmerinnen und Unternehmern die langfristige Sanierung ihres Unternehmens ermöglicht werden.
Aber auch ohne die weltweite Krisensituation kommt es immer wieder vor, dass Unternehmen in Schwierigkeiten geraten, welche im schlimmsten Fall zur Insolvenz führen kann. Wie können Unternehmer – aber auch Gründer – also dieser Situation vorbeugen und im Ernstfall der drohenden Insolvenz richtig reagieren?
Die häufigsten Fehler, die zu einer Insolvenz führen können
- Fehlendes oder unzureichendes Controlling
- Lücken in der Liquiditätsplanung
- Falsche Investitionsentscheidungen
- Egozentrische Unternehmensführung
Für eine drohende Firmeninsolvenz kann es viele Gründe geben. Neben einer falschen Auswahl der angebotenen Produkte und Dienstleistungen (Marketingstrategie) können allerdings auch persönliche Fehlentscheidungen der Unternehmensführung Auslöser sein.
Einer der häufigsten Fehler ist, dass kein oder kein ausreichendes Controlling im Unternehmen existiert. Der Aufbau eines solchen wird häufig schon bei der Unternehmensgründung vernachlässigt. Aber auch bei etablierten Unternehmen lässt sich dieser Missstand immer wieder feststellen. Um einen umfassenden und aktuellen Überblick über die eigene Wirtschaftlichkeit zu erhalten, sollte in jedem Unternehmen ein geeignetes Controlling aufgebaut werden. Im Controlling werden die gesamte Planung, Koordination und Steuerung der Abläufe zusammengefasst und durch klar definierte Ziele und Kennzahlen unterfüttert. Wichtig dabei ist, die Ziele und Kennzahlen (z. B. Pro-Kopf-Umsatz, Deckungsbeiträge, Fixkosten) eindeutig zu formulieren, sie objektiv messbar zu gestalten, realistisch umsetzbar zu halten sowie klare Zeiträume für die Erreichung der definierten Ziele vorzusehen. Dadurch kann jederzeit überprüft werden, ob sich das Unternehmen auf dem richtigen Weg befindet oder Anpassungen vorgenommen werden müssen.
Ein weiterer häufiger Fehler, der sowohl von Gründern, die gerade mit dem selbstständig machen gestartet sind, als auch von bereits aktiven Unternehmern begangen wird, liegt im Bereich der Finanzierung: Es wird zu wenig Kapital für die Finanzierung des Unternehmens oder einzelner Projekte eingeplant. Die Liquidität muss stets, beispielsweise über einen professionellen Liquiditätsplan für die nächsten drei Geschäftsjahre, im Auge behalten werden. Nur so können frühzeitig etwaige Liquiditätsengpässe aufgedeckt und an einer Anpassung der Finanzierung oder Anpassung der Geschäftstätigkeit gearbeitet werden. Ist ein Liquiditätsengpass einmal akut, ist es in den meisten Fällen schwer, ausreichend Handlungsspielraum für eine Umstrukturierung zu schaffen. Mit zu großer fehlender Liquidität ist eine Sanierung nahezu unmöglich.
Aber nicht nur Fehler in der kurzfristigen Liquiditätsplanung können zu einer Insolvenz führen. Falsche Einschätzungen des Marktes, welche wiederum zu falschen Investitionsentscheidungen führen, können ein Unternehmen ebenso in Schwierigkeiten bringen. Zu hohe Investitionen in Produktionsanlagen für ein schlecht laufendes Produkt binden vielfältige Ressourcen und damit schlussendlich auch Geld, welches an anderen Stellen im Unternehmen gegebenenfalls dringend benötigt wird. Ebenso gestaltet es sich mit einer falschen Auswahl der angebotenen Produkte und Dienstleistungen. Geringe Auslastung in der Produktion oder zu hohe Personalkosten für bestimmte Dienstleistungen können ebenso zu Liquiditätsengpässen führen wie schlechte Produktionsabläufe oder Priorisierung falscher Dienstleistungsangebote.
Allerdings lassen sich auch wiederkehrende typische Fehler der Unternehmensführung nennen, welche ein Unternehmen in eine Sanierung oder Insolvenz führen können. Diese können sich beispielsweise bei der Rechtsform GmbH in einem persönlichen Konflikt zwischen Gesellschaftern äußern. Bereits bei der Existenzgründung können unterschiedliche persönliche Ansichten über den Aufbau des gemeinsamen Unternehmens das frühe Aus des Vorhabens bedeuten. Ein vorausschauend aufgesetzter Gesellschaftervertrag kann dieser Entwicklung entgegenwirken. Häufig passiert es Gründern oder Unternehmern allerdings auch, den Blick für die wesentlichen Teile ihrer Geschäftstätigkeit zu verlieren. Durch die Vielzahl an Aufgaben kann der Fokus auf den Kern des Unternehmens verloren gehen. Außerdem besteht die Gefahr, dass sowohl Gründer als auch Unternehmer jegliche Aufgaben auf sich vereinen, da sie glauben, sie seien allwissend und als einzige im Unternehmen in der Lage, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Durch diese egozentrische Sichtweise geht häufig die Objektivität verloren und führt nicht selten zu falschen Entscheidungen.
Die Wege aus der Insolvenz
Sollte das Unternehmen tatsächlich in Schwierigkeiten geraten sein, muss die Insolvenz allerdings nicht der einzige Ausweg sein. Die Unternehmenssanierung bietet die Möglichkeit, den Betrieb zu stabilisieren, ganz z. B. durch Pivoting oder teilweise neu auszurichten und langfristig wieder am Markt zu etablieren. Wichtig ist hierbei, umgehend zu handeln, um die (endgültige) Insolvenz abzuwenden. Ist eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit erst einmal eingetreten, muss das Unternehmen innerhalb von drei Wochen Insolvenzantrag beim örtlich zuständigen Insolvenzgericht stellen.
Grundsätzliches Ziel der Sanierung ist es, Verluste dauerhaft zu beseitigen und wieder ausreichend Gewinn zu erwirtschaften, um allen Verpflichtungen nachkommen zu können. Es werden somit alle betriebswirtschaftlichen, steuerlichen und juristischen Gegebenheiten auf den Prüfstand gestellt, um Wege aus der Krise zu erarbeiten.
Zentraler Punkt ist dabei die Identifizierung der Ursachen für die finanzielle Notlage. Nur durch eine umfassende Analyse können anschließend mit Gläubigern, zum Beispiel Banken oder Lieferanten, Möglichkeiten zur Schuldenbereinigung diskutiert werden. Durch einen Teilverzicht, die Vereinbarung von Teilzahlungen oder Stundungsvereinbarungen kann dem Unternehmen Zeit verschafft werden, um den nächsten Punkt der Sanierung anzugehen.
Um das schwächelnde Unternehmen nachhaltig zu sanieren, muss von allen verantwortlichen Personen eine Bereitschaft zu einer grundlegenden Umstrukturierung vorhanden sein. Interne sowie externe Strukturen müssen überprüft, angepasst oder komplett abgeschnitten werden, um das Unternehmen wieder dauerhaft rentabel zu machen. Zum Beispiel muss die Produktpalette erneuert werden, andere Wege der Kundenansprache aufgebaut oder neue Lieferanten akquiriert werden. Diese Umstrukturierungen schlagen sich erwartungsgemäß auch auf die interne Ablauf- und Aufbauorganisation aus. Es ist also wichtig, auch die Mitarbeiter in diese Prozesse einzubeziehen.
Die Sanierung wird allerdings nicht von den Gründern oder Unternehmern alleine durchgeführt. Neben engen Kooperationen zu Banken und Lieferanten ist es ratsam, einen Sanierungsberater hinzuzuziehen. Dies können
- Unternehmensberater (Service-Tipp: Beratersuche) oder
- Steuerberater (Service-Tipp: Steuerberater finden) sein.
Nur durch die Zusammenarbeit aller Parteien ist es möglich, einen Sanierungsplan aufzustellen und den Fortbestand des Unternehmens langfristig zu sichern. Aber auch wenn akute Schwierigkeiten überwunden sind, ist es wichtig, eine dauerhafte Unterstützung für die Umsetzung der Unternehmenssanierung zu nutzen. Die wirtschaftliche Entwicklung muss sorgfältig beobachtet werden, um mögliche neue Hindernisse früh zu erkennen und gegensteuern zu können.
Staatliche Fördergelder für die Sanierung des Unternehmens nutzen
Die Inanspruchnahme einer Unternehmensberatung für die Unternehmenssanierung kann staatlich gefördert werden: Im Rahmen der Förderung für Unternehmensberatungen durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) können hierbei bis zu 90 % der Kosten erstattet werden. Allerdings müssen für dieses Fördermittel bestimmte Bedingungen erfüllt sein: Diese können ohne großen Aufwand mit unserem Fördercheck ermittelt werden.
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Vielen Dank für diesen Beitrag zum Thema Insolvenz. Gut zu wissen, dass auch persönliche Fehler zu einer Insolvent führen können. Ich werde mir einen Experten für die Sanierung für Insolvenz suchen.