Gründen wird oftmals mit dem Aufbau eines Unternehmens von Grund auf assoziiert. Häufig fallen einem Begriffe wie „Start-up“ oder „Jungunternehmen“ ein. Dabei kann eine Existenzgründung im Unternehmertum auch durch eine Firmenübernahme erfolgen. Besonders attraktiv wirkt die Option der Übernahme eines Unternehmens des Mittelstands.
Mittelständische Unternehmen zeichnen sich – sofern gesund – durch eine etablierte Marktpositionierung, einen treuen Kundenstamm und eine familiäre Unternehmenskultur aus. Man wird Geschäftsführer und überspringt dabei die mit Unsicherheiten gepflasterte Gründungsphase. Viele Gründe sprechen für eine Unternehmensgründung durch Übernahme:
- Man weiß, es gibt einen Markt für das Produkt.
- Es gibt ein breites Wissen über Markt und Kunden.
- Man verfügt bereits über einen ausgebauten Kundenstamm.
- Es sind bereits qualifizierte Mitarbeiter an Board, die Suche entfällt oder fällt deutlich weniger umfangreich aus.
- Die Einarbeitungsphase für Mitarbeiter entfällt.
- Der Betrieb läuft bei Geschäftsübernahme weiter und es gibt keine vorzufinanzierende Leerlaufphase.
- Man ist eine wichtige Stütze der deutschen Wirtschaft: Immerhin ist der Mittelstand bundesweit der größte Arbeitgeber.
Wer ein Unternehmensübernahme im Mittelstand plant, darf sich allerdings nicht auf den geernteten Lorbeeren ausruhen. Stattdessen ist Innovationssinn und Feingefühl gefragt: Es gilt, die richtige Balance zwischen Tradition und Zukunft zu finden. Darüber hinaus gibt es einiges bei der Übernahme eines bestehenden Unternehmens zu beachten:
- Es ist von immenser Bedeutung, die Mitarbeiter „mitzunehmen“. Bei der Firmenbegutachtung sollte auf das Betriebsklima geachtet und die Mitarbeiter in den Übernahmeprozess mit eingebunden werden. Die Mitarbeiter müssen den Gründer als neuen Chef akzeptieren und sich abgeholt fühlen.
- Wichtig ist, den aktuellen Firmeninhaber kennenzulernen und ein Gespür zu erhalten, ob dieser auch tatsächlich bereit zur Abgabe des Unternehmens ist. Andernfalls kann es schnell zu Lagerbildungen innerhalb der Belegschaft kommen, sollte der Inhaber sich emotional nicht lösen können.
- Prüfen, prüfen, prüfen: Die Due Diligence im Rahmen der Anbahnungsphase ist von großer Bedeutung. Sie gibt Aufschluss über den Zustand des Unternehmens und ist ausschlaggebend für den Firmenwert.
Doch wie finanziert man eigentlich eine Firmenübernahme?
Der Firmenwert bemisst sich einfach gesagt am jährlichen Betriebsergebnis. Dieses wird mit einem Faktor (in der Regel höher 3) multipliziert und dann um Abschläge bereinigt bzw. bei Besonderheiten angehoben. Der Firmenwert ist nie gänzlich objektiv. Ermittlungen kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen und daher ist es besonders wichtig, sich auf gemeinsame Kriterien zu einigen.
Die Finanzierung der Firmenübernahme eines Mittelstandsunternehmens unterscheidet sich letztlich gar nicht so stark von der eines Start-ups:
Wird die Gründung nicht durch Eigenkapital finanziert, gilt es Investoren oder Fremdkapitalgeber zu akquirieren. Die relevantesten Faktoren bei der Überzeugung von Kapitalgebern sind in beiden Fällen, die Bewertung der Faktoren erfolgt jedoch unterschiedlich:
- Die Gründerpersönlichkeit
Während es bei einer Neugründung um ein hochriskantes Vorhaben gilt, hat sich das Mittelstandsunternehmen bereits etabliert und fordert eine andere Gründerpersönlichkeit als ein Start-up. Gründer durch Firmenübernahmen tragen Verantwortung für die Schicksale hunderter Mitarbeiter. Risikoaffinität ist immer noch ein Plus, sollte jedoch deutlich gemäßigter ausfallen als beim studentischen Ingenieursteam, das an einer neuen High-Tech-Fortbewegung arbeitet. Auch ist es bei Neugründungen nicht ungewöhnlich, dass die Gründer keine klassische Vorqualifizierung oder Berufserfahrung haben. Hier steht die Geschäftsidee bzw. das zu entwickelnde Produkt stärker im Fokus. Gründer durch Firmenübernahme hingegen sollten langjährige Managementerfahrung mitbringen und im Umgang mit Mitarbeitern geschult sein.
- Das Unternehmen und dessen Zustand
Während es bei Neugründungen keinerlei historische Daten gibt, gibt es bei Mittelstandsunternehmen mit Tradition eine Fülle davon. Diese Fülle an Daten mindert das Risiko einer kurzfristigen Firmenpleite massiv aus Kapitalgeberperspektive.
- Die Zukunftsfähigkeit der Branche bzw. des Unternehmens
Der Markt besteht, die Kunden sind da, das Produkt verkauft sich. Erstmal ein Grund zu investieren! Dennoch handelt es sich bei Investments in Unternehmen in der Regel um längerfristige Anlagen, weshalb die Zukunftsfähigkeit eine große Rolle spielt. Dieser Punkt wiederum korreliert mit der Gründerpersönlichkeit: Die Investoren müssen das Gefühl haben, dass der neue potenzielle Geschäftsführer im Stande ist, das Unternehmen und dessen Belegschaft in eine weiterhin erfolgreiche bzw. noch erfolgreichere Zukunft zu führen.
Sind diese Punkte gewährleistet, ist die Chance hoch, eine Firmenübernahme ohne den Einsatz von (viel) Eigenkapital zu finanzieren. Das Unternehmen selbst dient sich mit seinem Anlagevermögen als Sicherheit und löst die von Banken geäußerte Eigenkapitalforderung bei Neugründungen zumindest teilweise ab. Einen Teil sollte man zur Verdeutlichung seines Glaubens an das Vorhaben dennoch einbringen. Nichtsdestotrotz ist die Chance, eine Firmenübernahme mit geringem eigenen Kapitaleinsatz zu finanzieren bei gutem Unternehmenszustand und vorhandener Eignung des Gründers sehr hoch.
Was es braucht, um Kapitalgeber zu überzeugen, ist jedoch eine wasserdichter Businessplan inklusive Finanzplanung. Bei der Businessplan-Erstellung kommt es darauf an, den Kapitalgebern darzulegen, dass man die benötigte Kompetenz innehat und die erhaltenen Daten auch korrekt interpretieren und in die Zukunftsplanung einbetten kann.
Gründer sind gut beraten, sich bei der Erstellung der Unterlagen professionelle Unterstützung zu holen und sich bei der Erarbeitung der Finanzierungsstrategie beraten zu lassen. Die Inanspruchnahme einer Unternehmensberatung können sich Gründer unter Umständen auch staatlich fördern lassen (Fördermittel): Wer in NRW wohnt und bisher keine selbstständige Tätigkeit durchführt oder wer in Deutschland wohnt und bereits einer selbstständigen Tätigkeit nachgeht, diese durch die Firmenübernahme weiter ausbauen möchte, kann sich 50 % (in den alten Bundesländern teils 80 %) der Kosten erstatten lassen. Wenn Sie sich bei der Firmenübernahme unterstützen lassen möchten, füllen Sie gerne das Kontaktformular aus und lassen sich einen passenden Berater vermitteln. Auch können Sie unseren Service „Beratersuche“ nutzen.
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