Viele Existenzgründer benötigen zur Realisierung ihrer Geschäftsidee Fremdkapital, da die Investitionen und die laufenden Kosten insbesondere für die ersten Monate nach der Unternehmensgründung nicht komplett aus dem Eigenkapital getragen werden können.
Hierbei gilt es jedoch nicht nur einen Rentabilitätsplan zu erstellen, der Umsätze, Personalkosten und laufenden Betriebskosten gegenüberstellt, um die Rentabilität pro Monat und Geschäftsjahr abzubilden und den Gewinn vor und nach Steuern auszuweisen. Noch entscheidender für den Erfolg einer Geschäftsidee ist die dauerhafte Ausstattung des Geschäftskontos mit Liquidität, d.h. es muss immer genug Geld vorhanden sein, um die laufenden Rechnungen begleichen oder dem Personal die Gehälter überweisen zu können.
In diesem Artikel möchten wir die Besonderheiten bei der Gründung in der Gesundheitsbranche betrachten und dabei auf die spezifischen Anforderungen bei der Erstellung eines Finanzplans eingehen, den man für die eigene Planung oder zur Gründerkredit-Beantragung nutzen kann.
Gründen im Gesundheitswesen – ein Überblick
Es gibt vielfältige Möglichkeiten, sich in der Gesundheitsbranche selbstständig zu machen. Rein formell sind hierfür oftmals abgeschlossene Ausbildungen, Studiengänge, Zertifikate und Fortbildungen notwendig, um im jeweiligen Bereich eine Existenzgründung vollziehen zu können.
Laut der AOK ist die Gesundheitswirtschaft mit einem Anteil von über zehn Prozent am Bruttoinlandsprodukt und ca. 4,5 Millionen Arbeitsplätzen einer der größten Wirtschaftszweige in Deutschland.
Während man für einige Geschäftsideen auch eine Kapitalgesellschaft wie z.B. eine GmbH oder eine UG (Unternehmergesellschaft) gründen kann, machen sich viele Gründer in der Gesundheitsbranche als Freiberufler selbstständig, z.B. als Arzt oder Physiotherapeut. Als Freiberufler muss man z.B. keine Gewerbeanmeldung durchführen und profitiert von weiteren Vorteilen.
Im Folgenden ist ein Auszug aus den sogenannten Gesundheitsberufen aufgelistet, die für eine Selbstständigkeit infrage kommen können:
- Anästhesietechnischer Assistent
- Altenpfleger
- Apotheker
- Arzt
- Diätassistent
- Ergotherapeut
- Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger
- Hebamme
- Logopäde
- Masseur und medizinischer Bademeister
- Notfallsanitäter
- Pflegefachfrau und Pflegefachmann
- Pharmazeutisch-technischer Assistent
- Physiotherapeut
- Podologe
- Psychotherapeut
- Tierarzt
- Zahnarzt
Businessplan-Erstellung für die Gesundheitsbranche
Wenn man sich in der Gesundheitsbranche selbstständig machen möchte oder eine Geschäftsübernahme von z.B. einer Praxis plant, ist für die erfolgreiche Gründung oft die Aufnahme von Fremdkapital notwendig. Um den Kapitalbedarf abzudecken, kann man ein Förderdarlehen beantragen, das sich durch günstige Zinssätze sowie eine tilgungsfreie Anlaufzeit auszeichnet und dadurch ein geeignetes Instrument zur Finanzierung einer Existenzgründung darstellt.
Um einen solchen Gründerkredit beantragen zu können, muss ein professioneller Businessplan erstellt werden. Im schriftlichen Teil des Businessplans wird eine Executive Summary erstellt, die alle folgenden Kapitel des Geschäftsplans zusammenfasst. Weitere Geschäftsplan-Bestandteile sind die folgenden Kapitel:
- Gründerprofil mit allen relevanten Ausbildungen und gesammelten Berufserfahrungen
- Geschäftsidee mit der Erläuterung der Dienstleistung oder der Produkte, die man anbieten möchte
- Marktanalyse und Wettbewerbsanalyse
- Zielgruppenbeschreibung
- Marketingstrategie
- Vertriebsstrategie
- Unternehmensorganisation
- Wahl der Rechtsform
- SWOT-Analyse, Darstellung der Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken des Geschäftsmodells
Im Businessplan sollte also eine Gesamtbetrachtung des Geschäftsmodells mit all seinen Parametern erstellt werden.
Finanzplan-Erstellung für die Gründung in der Gesundheitswirtschaft
Über den Textteil des Geschäftsplans hinaus ist ein aussagekräftiger Finanzplan notwendig. Dieser enthält die folgenden Bestandteile:
- Kapitalbedarfsplan und Investitionsplan: Hier wird aufgelistet, welche Anschaffungen zu Beginn der Tätigkeit notwendig sind, z.B. die Einrichtung von Behandlungszimmern in der Physiotherapie, Fahrzeuge für ambulante Pflegedienste oder eine Abrechnungssoftware für eine gynäkologische Praxis.
- Umsatzplan, in dem gezeigt wird, wie sich z.B. der Anstieg der Anzahl an betreuten Patienten auf den monatlichen Umsatz auswirkt und wie die einzelnen Leistungen abgerechnet werden können.
- Rentabilitätsplan, in dem vom errechneten Umsatz die Personal- und Betriebskosten abgezogen werden, um den Gewinn vor und nach Steuern zu ermitteln. Hierbei ist zu betonen, dass bei Gründungen als Freiberufler meist keine Gewerbesteuer gezahlt werden muss.
- Liquiditätsplan, der eine Übersicht über den Cash-Flow und die Liquiditätsausstattung auf dem Geschäftskonto gibt.
- Tilgungsplan, in dem die Laufzeit eines Förderdarlehens, die Höhe des Zinssatzes sowie die Zeitpunkte der Tilgung des Gründerkredits eingetragen werden. Daraus ergibt sich z.B. im Rahmen eines Annuitätendarlehens die monatliche Rate, die sich aus der Tilgung und dem Zinssatz berechnet.
- Abschreibungen für Wirtschaftsgüter, die einer Wertminderung über einen gewissen Zeitraum unterliegen (z.B. Behandlungsgeräte).
Gründung im Gesundheitswesen – Besonderheiten in der Liquiditätsplan-Erstellung
Der Liquiditätsplan spielt in der Finanzierung einer Existenzgründung im Gesundheitswesen eine sehr große Rolle. Denn anders als bei den meisten anderen Geschäftsmodellen werden z.B. die Leistungen, die für einen Patienten erbracht wurden, der in eine Pflegestufe eingegliedert ist, über die Krankenkassen abgerechnet.
In diesem Fall zahlt also eine Person, die z.B. von einem Arzt beraten oder in einer Physiotherapie-Praxis behandelt oder von einem ambulanten Pflegedienst zu Hause betreut wurde, keinen Rechnungsbetrag an den Dienstleister, sondern dieser rechnet die Leistungen mit der Krankenkasse des Patienten ab und erhält von dort die Zahlung.
Die Besonderheit hierbei ist der Zeitverzug, den man zwischen der Umsatzgenerierung (der Behandlung des Patienten) und dem Erhalt der finanziellen Mittel (Zahlungseingang auf dem Firmenkonto) einplanen muss.
Denn oftmals nehmen sich die Krankenkassen drei bis vier Monate Zeit, um die Vorgänge und Behandlungen zu prüfen und den Selbstständigen die Gelder zu überweisen. Man hat also einerseits den Vorteil, die Zahlungen von den Krankenkassen zu erhalten und diese einplanen zu können, muss jedoch die recht lange Zeit bis zum Zahlungseingang überbrücken.
Für den gleichen Zeitraum muss man jedoch sein Personal und weitere Rechnungen bezahlen und muss diese Beträge entsprechend vorfinanzieren.
Factoring als möglicher Bestandteil der Finanzierung im Gesundheitswesen
Um diesen Zeitraum überbrücken zu können, kann man auf Factoring zurückgreifen. Hierfür gibt es spezielle Factoring-Anbieter, die einem zum Zeitpunkt der Abrechnung der erbrachten Leistung den fälligen Betrag überweisen, um die Selbstständigen mit Liquidität auszustatten. Dafür behalten sich die Factoring-Dienstleister einen Teil des Rechnungsbetrages als Gebühr ein, oft liegt diese bei rund 3 %.
Der Kapitalbedarf, für den man beispielsweise ein Förderdarlehen beantragt, fällt natürlich geringer aus, wenn man z.B. die Personalkosten keine drei bis vier Monate selbst tragen und finanzieren muss, ohne parallel dazu Zahlungseingänge für abgerechnete Dienstleistungen zu erhalten. Ein Gründerkredit kann daher zeitgleich zur Nutzung von Factoring für Investitionen genutzt werden, die für die operative Aufnahme der Selbstständigkeit benötigt werden.
Bei einer Geschäftsübernahme kann man sich mit den bisherigen Inhabern oder Gesellschaftern eines Unternehmens darüber verständigen, ob Factoring genutzt wurde. Eventuell können die bis dato genutzten Verträge mit einem entsprechenden Dienstleister ebenfalls übernommen werden.
Fazit
Bei der Finanzplan-Erstellung für eine Gründung im Gesundheitsbereich sollte besonders auf den Liquiditätsplan geachtet werden. Nicht selten wird von Existenzgründern im Gesundheitswesen unterschätzt, wie schnell einem die Liquidität ausgehen kann, da man laufend Eingangsrechnungen und Gehälter bezahlen muss und es viele Monate dauern kann, bis man selbst Eingänge auf dem Konto verbuchen kann. Insbesondere in den ersten Monaten entsteht hier also ein Ungleichgewicht, das unbedingt im gesamten Geschäftsplan berücksichtigt werden muss. Daher ist es ratsam, über Factoring als möglichen Baustein der Finanzierung nachzudenken, wenn man lange Zahlungsziele zu überbrücken hat. Zu einem späteren Zeitpunkt, wenn alle Prozesse im Unternehmen eingespielt sind und man eine ausreichende Ausstattung an Liquidität auf dem Geschäftskonto hat, kann man das Cash-Flow-Management auch ohne Factoring angehen.
In der Gründungszeit gilt es jedoch genau zu überlegen, welche Instrumente der Finanzierung zum Gründungsvorhaben passen (Eigenkapitalfinanzierung, Aufnahme von Förderdarlehen, Hinzunahme von Factoring etc.) und zum gelungenen Auf- und Ausbau des Unternehmens beitragen.
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