Die Zahl der Existenzgründerinnen ist 2021 leicht gestiegen. Dies zeigen Daten des aktuellen Global Entrepreneurship Monitors (GEM) des Rationalisierungs- und Innovationszentrums der Deutschen Wirtschaft (RKW). Dennoch müssen Frauen, die sich selbstständig machen wollen, weiterhin mehr Hürden bei der Unternehmensgründung nehmen als ihre männlichen Mitstreiter.
Nach dem Corona-Tief in 2020 steigt die hiesige Gründerlust erneut an. Denn im Jahr 2021 haben sich rund 607.000 selbstständig gemacht. Das sind 70.000 bzw. 13 % mehr als 2020.
Laut KfW-Gründungsmonitor planten rund 5,3 % der Frauen und 8,4 % der Männer in Deutschland eine Existenzgründung oder haben bereits ein Unternehmen gegründet. Zum Vergleich: 2020 lag die Quote bei den Frauen noch bei 4,4 % und bei den Männern bei 5,1 %.
Trotz der gestiegenen Anzahl an Existenzgründerinnen ist der “Gender Gap” immer noch deutlich, denn nach wie vor ziehen Männer das Thema “selbstständig machen” deutlich häufiger in Betracht als Frauen.
Mehr migrantische Existenzgründerinnen im letzten Jahr
Besonders auffällig bei der Studie ist zudem die hohe Gründungsneigung von Frauen, die nicht in Deutschland geboren sind – denn sie haben mit einer Quote von knapp 14 % doppelt so häufig eine Existenzgründung gestartet als Frauen, die in Deutschland geboren sind (7 %).
Zudem gaben 14 % der befragten Migrantinnen an, sich in den nächsten drei Jahren selbstständig machen zu wollen. Bei den nicht-migrantischen Existenzgründerinnen waren dies lediglich 5 %.
Existenzgründerinnen und Gründer schätzen Gründungschancen
Zudem sollten die Befragten Schätzungen zu ihren Gründungschancen abgeben. Das Ergebnis: im zweiten Pandemiejahr 2021 sehen mehr Menschen in der Region, in der sie leben, gute Gründungschancen für die nächsten sechs Monate.
Bei den Frauen waren dies 40,3 % und bei den Männern 55,7 %. Im ersten Pandemiejahr 2020 haben Männer und Frauen diesbezüglich noch weniger optimistisch in die Zukunft gesehen (Frauen: 32,2 %, Männer: 39,5 %).
Existenzgründerinnen gründen anders als Gründer
Wenn es um die Unterschiede zwischen Existenzgründerinnen und Existenzgründern geht, macht die Studie deutlich, dass sich Existenzgründerinnen von Gründern eher durch unternehmensspezifische Merkmale unterschieden als durch personenbezogenen Merkmale.
So brachte die Studie zum Vorschein, dass Existenzgründerinnen sich gerne allein selbstständig machen und häufiger ohne weitere Beschäftigte gründen. Demnach hatte nur etwas mehr als die Hälfte der Existenzgründerinnen bei der Unternehmensgründung mindestens einen Mitarbeitenden.
Bei den männlichen Gründern sah dies hingegen anders aus. Denn diese haben ihr neues Unternehmen mehrheitlich (knapp 68 %) mit anderen Beschäftigten gegründet oder geplant. Unternehmensgründungen durch Frauen waren zudem seltener export- und technologieintensiv als Existenzgründungen durch Männer.
Experten sind sich einig: Existenzgründerinnen haben viele Hürden zu nehmen
Ein weiterer Teil der Studie waren Expertenbefragungen, bei denen insgesamt 74 Gründungsexperten aus Bereichen wie Wirtschaftsförderungen und Hochschulen die gründungsbezogenen Rahmenbedingungen in Deutschland bewerteten.
Dabei gingen insbesondere bei der Beurteilung des Gründungsumfeldes die Ansichten der weiblichen und männlichen Experten weit auseinander. Denn die Verfügbarkeit von Finanzmitteln für Existenzgründerinnen beispielsweise wurde von den Expertinnen deutlich weniger optimistisch eingeschätzt als von den Experten. So haben nur rund 42 % der weiblichen Experten der Aussage zugestimmt, dass der Zugang zu Finanzmitteln Unternehmerinnen und Unternehmern gleichermaßen gewährt wird. Bei den männlichen Experten waren dies immerhin über 60 %.
Zudem stimmten nur Insgesamt 41 % der weiblichen und männlichen Experten der Aussage zu, dass es in Deutschland ausreichend Unterstützungsangebote für Existenzgründerinnen (wie beispielsweise Kinderbetreuung, Altenpflege und haushaltsnahe Dienstleistungen) gibt, damit Frauen ihre Selbstständigkeit auch nach der Gründung einer Familie weiterführen können.
Die Experten beider Geschlechter waren sich auch einig über die Aussagen, dass die Vorschriften, mit denen Existenzgründer bei einer Gründungsentscheidung konfrontiert werden, insbesondere Frauen eher nicht dazu ermutigen, Unternehmerin statt Arbeitnehmerin zu werden (85 %).
Handlungsempfehlungen zur Stärkung von Existenzgründerinnen
Zum Schluss geben die Experten noch Handlungsempfehlungen, um die Zahl der Existenzgründerinnen zu erhöhen. So müssten in erster Linie die Startbedingungen für Frauen, die sich selbstständig machen wollen, verbessert werden. Denn obwohl der Frauenanteil unter allen Existenzgründern in den letzten Jahren gestiegen ist, zeigen Analysen, dass Frauen noch immer weniger gründungsaffin sind als Männer und ihre Gründungschancen weniger gut einschätzen.
Zudem tragen die fehlende Vereinbarkeit einer Existenzgründung mit familiären oder beruflichen Verpflichtungen wesentlich dazu bei, dass viele Frauen das Thema “selbstständig machen” auf Eis legen.
So schlagen die Experten der Studie vor, Bürokratieabbau im Gründungsprozess, zusätzliche Betreuungs- und Unterstützungsangebote sowie diversere Rollenvorbilder durchzusetzen. Diese Schritte könnten Frauen den ersten Schritt in Richtung Unternehmensgründung erleichtern.
Die vollständige Studie kann auf der Website des RKW-Kompetenzzentrums als PDF-Dokument heruntergeladen werden (externer Link).
Existenzgründerinnen können von Fördermitteln profitieren
Glücklicherweise ist das Thema Förderung von Existenzgründerinnen auch Thema in der Politik. So kündigte die Regierung kürzlich an, Förderungen von Frauen bei Unternehmensgründungen zu verbessern (externer Link).
Denn für Frauen, die sich selbstständig machen wollen, gibt es spezielle staatliche Fördermittel. Hier können beispielsweise vor oder nach der Unternehmensgründung Fördermittel beantragt werden. Die Höhe der Zuschüsse für die Vorgründungsberatung ist je nach Bundesland verschieden (Service: Beratersuche). Welche Fördermittel für Sie infrage kommen, können Sie mit unserem kostenfreien Fördercheck herausfinden.
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