Wie LKW zu fahrenden Werbewänden mit Bildschirmen werden und digitale Werbung standort- und zielgruppenorientiert in Echtzeit anbieten, erzählt uns Andreas Widmann, Gründer und Geschäftsführer von „RoadAds interactive“, im Interview.
Herr Widmann, können Sie sich und Ihr Start-up kurz vorstellen?
Ich bin Andreas Widmann, 26 Jahre alt und Gründer sowie Geschäftsführer von „RoadAds interactive“. Wir bieten als erstes Unternehmen weltweit digitale Fahrzeugwerbung in Echtzeit an. Hierfür haben wir 64 große „ePaper-Module“ entwickelt, die am LKW-Heck angebracht werden und dort Werbung und Informationen zeigen. Der große Vorteil von „ePaper“ ist, dass diese Darstellung im Straßenverkehr nicht ablenkt. Unsere Module haben eine europaweite Zulassung für den Einsatz auf der Straße, somit können wir Inhalte zum ersten Mal digital, standort- und kontextabhängig zeigen.
Jedes unserer Module ist mit GPS, LTE und WLAN ausgerüstet, so besteht eine ständige Verbindung zu unseren Werbeservern. Die Position des Fahrzeugs wird auf fünf Meter genau ermittelt und wir können über WLAN-Signale feststellen, wie viele Personen die Anzeige aktuell sehen. Für Werbekunden eröffnet dies vollkommen neue Möglichkeiten. Wir bieten eine zentrale Plattform, über die Kampagnen erstellt, verwaltet und überwacht werden können. Hier kann ein Kunde nicht nur genau festlegen, wann und wo die Kampagnen gezeigt werden sollen, sondern beispielsweise auch bei welchen Wetter- oder Verkehrsbedingungen. Außerdem stellen wir umfangreiche Live-Statistiken über die Werbeschaltungen und Sichtkontakte zur Verfügung und können transparent nach der tatsächlichen Reichweite abrechnen. Eine solche Flexibilität ist in der Außenwerbung bisher einmalig. Wir selbst nutzen dieses System auch, um unsere sogenannten „RoadNews“ auf die Straße zu bringen. Hierüber zeigen wir tagesaktuelle Schlagzeilen, FunFacts zu Sehenswürdigkeiten entlang der Straße, Wettervorhersagen und wichtige Verkehrshinweise. Damit bieten wir neben Werbung auch hilfreiche Informationen für die Verkehrsteilnehmer.
Wie sind Sie auf diese Geschäftsidee gekommen?
Ich habe das Unternehmen zusammen mit meinem Vater gegründet, der Teil der Geschäftsleitung bei einer Logistikgruppe ist. Daher kommt auch die ganz ursprüngliche Geschäftsidee. Wir hatten uns gefragt, warum LKW-Flächen nicht viel häufiger für Werbung eingesetzt werden. Im Prinzip ist das eine sehr interessante Fläche, da sie von vielen Menschen gesehen und vor allem überdurchschnittlich gut wahrgenommen wird. Als statische Fläche ist die Vermarktung jedoch schwierig, da sich die LKW natürlich ständig bewegen. Gerade hier in Europa bedeutet dies auch über Landes- und Sprachgrenzen hinweg. Und eine deutschsprachige Werbung wird in Polen oder Frankreich z. B. nicht verstanden. Das ist für viele Werbekunden ein Kriterium, da sie die Streuverluste scheuen.
Wir haben uns also gefragt, wie wir es schaffen können, dass die Inhalte schnell und einfach angepasst werden und Werbekunden so ganz einfach entscheiden können, wann und wo ihre Kampagne gezeigt werden soll. Mit unserer Lösung gehen wir jetzt sogar einen ganz erheblichen Schritt weiter und bieten eine Genauigkeit, mit der beispielsweise gezielt einzelne Ausfahrten beworben werden können.
Wer ist die Zielgruppe von „RoadAds“?
Unsere Zielgruppe ist relativ breit. Dies zeigt sich gut an den bisherigen Werbekunden. Letztendlich richtet sich „RoadAds“ an jedes Unternehmen, das durch Werbung mehr Kunden gewinnen möchte. Da gibt es auf der einen Seite die großen Konzerne, die jetzt schon stark auf Außenwerbung setzen. Auf der anderen Seite können wir mit unserem Angebot auch kleinere, lokale Unternehmen bedienen, für die aufgrund der langen Laufzeit und hohen Gesamtkosten Außenwerbung bisher nicht in Betracht kam. Wir können mit unserem digitalen Medium flexibler agieren und dem Werbekunden genau die Lösung bieten, die er braucht.
Wie war Ihr beruflicher Werdegang vor der Unternehmensgründung?
Ich habe direkt aus dem Studium heraus gegründet. In Heidelberg habe ich meinen Bachelor in Biowissenschaften gemacht und anschließend im Master Angewandte Informatik studiert. Schon während meines Studiums hatte ich einige Informatikveranstaltungen besucht und mich mit diesem Thema auch privat beschäftigt. Das Studium ist aber aktuell pausiert, damit ich mich voll und ganz auf „RoadAds“ konzentrieren kann.
Wie lange hat die Planung und Umsetzung der Existenzgründunggedauert?
Wir haben die Existenzgründung selbst nicht lange im Voraus geplant. Wir wussten ab August 2015, dass unsere Geschäftsidee Potential hat und haben uns an die Umsetzung gemacht. Die GmbH haben wir dann im November 2015 gegründet. Die tatsächliche Umsetzung unserer Geschäftsidee hat länger gedauert. Gerade die Entwicklung von Hardware braucht immer Zeit, da alles ausgiebig getestet werden muss. Wir haben fünf Versionen und etwa zwei Jahre gebraucht, um unsere Displaymodule so hinzubekommen, dass diese den Bedingungen auf der Straße standhalten. Seit November 2017 sind wir mit unseren Displays unterwegs und können Werbekunden unseren Service anbieten.
Was waren bisher Ihre größten Herausforderungen bzw. Stolpersteine?
Es gab während der Gründung häufig Hürden, die wir überwinden mussten. Dies fing schon ganz am Anfang an, als es darum ging, „ePaper-Panels“ in der gewünschten Größe zu bekommen, um aus diesen unsere Displaymodule zusammenzusetzen. Diese waren zu dem Zeitpunkt noch nicht auf dem Markt. Es hat uns viel Zeit und Hartnäckigkeit gekostet, bis ich die Panels noch vor offiziellem Marktstart bekommen konnte. Jetzt ist „ePaper“ auch eine recht junge Technologie und es gibt nicht viele Firmen, die Erfahrung damit haben. Wir hatten Glück, einen Partner gefunden zu haben, der uns sehr viel Know-how und Unterstützung bieten konnte.
Der erste Prototyp am LKW war bereits im April 2016 fertig, aber von der Marktreife noch weit entfernt. Mit unserer Software-Plattform, die ja nachher das ist, was unsere Kunden zu Gesicht bekommen, haben wir immer darauf geachtet, nicht am Markt vorbei zu entwickeln, sondern ein Produkt zu entwickeln, das die Werbekunden brauchen und benutzen können. Sicher kann man sich da nie sein, daher bin ich sehr froh, dass unser Angebot jetzt so gut angenommen wird.
Haben Sie an Gründerwettbewerben teilgenommen?
Der Startschuss für die Existenzgründung fiel auf einem Wettbewerb. Ich habe 2015 am „Startup-Weekend Rhein-Neckar“ teilgenommen und dort meine Geschäftsidee vorgestellt. Ich war mir anfangs nicht sicher, ob ich wirklich antreten möchte. Zum Glück ist das Thema gut angekommen und wir haben den Wettbewerb gewonnen. Hier war für mich klar, dass an der Idee etwas dran ist und wir anfangen sollten, diese umzusetzen.
Seitdem haben wir immer wieder an Gründer-Wettbewerben teilgenommen. Beispielsweise haben wir den „Mannheimer Existenzgründungspreis“ gewonnen und wurden dieses Jahr als „Best of Baden-Württemberg“ ausgezeichnet. Gründerwettbewerbe sind eine sehr gute Möglichkeit, um sich mit anderen Start-ups, Investoren oder Kunden zu vernetzen.
Haben Sie einen Businessplan erstellt? Wenn ja, haben Sie dafür eine Förderung beansprucht?
Einen komplett ausgearbeiteten Businessplan haben wir in dem Sinne noch nie geschrieben, aber wir haben natürlich immer wieder Planungen und Kalkulationen gemacht. Teils für uns selbst, zum Teil aber auch, um uns auf Wettbewerbe oder Förderprogramme zu bewerben. Um unsere Finanzplanung sauber aufzustellen, haben wir mit der Hochschule in Mannheim zusammengearbeitet.
Können Sie kurz beschreiben, warum ein Businessplan wichtig ist?
Ich denke es ist wichtig, einerseits sein Geschäftsmodell und sein Unternehmen klar darzustellen und zu beschreiben. Auch sollte man frühzeitig einen groben Finanzplan erstellen. Dadurch setzt man sich intensiv mit seinem Start-up auseinander und kann schnell erkennen, ob das Geschäftsmodell funktionieren kann oder nicht. Auf der anderen Seite lässt sich gerade bei innovativen, disruptiven Geschäftsideen das meiste im Vorfeld nicht abschätzen. In diesem Fall sollte man darauf hören, ob man selbst an seine Idee glaubt oder nicht.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft, haben Sie spezielle Pläne?
Wir wollen uns als der zentrale Anbieter für digitale Fahrzeugwerbung in Deutschland und Europa etablieren. Dazu wollen wir uns in Zukunft nicht nur auf LKW beschränken, sondern arbeiten bereits jetzt an Displays für andere Fahrzeugtypen. Ein Prototyp für Transporter ist bereits in Mannheim unterwegs. Zudem arbeiten wir aktuell an Versionen für Stadtbusse.
Darüber hinaus haben wir mit unserer Werbeplattform eine Möglichkeit geschaffen, Außenwerbung einfach und flexibel am Computer zu buchen und zu überwachen. Diese Möglichkeit bietet ganz unabhängig von Fahrzeugen enorme Vorteile für Werbekunden. Wir glauben daher, dass wir unsere Lösung auch im klassischen Außenwerbemarkt und als Erweiterung für bestehende Werbedisplays vermarkten können.
Haben Sie Tipps für Existenzgründer? Was ist besonders wichtig?
Ich denke, es kommt darauf an, an seine Geschäftsidee zu glauben und nicht beim ersten Widerstand aufzugeben. Ein Start-up zu gründen und seine eigene Existenzgründung anzugehen ist toll, aber es wird immer wieder herbe Rückschläge geben. Die meisten Dinge funktionieren nicht beim ersten Versuch und manches braucht einfach mehr Zeit, als man es sich ursprünglich erhofft hat. Ich glaube, dann kommt es darauf an durchzuhalten und sich nicht entmutigen zu lassen, aber auf der anderen Seite auch bereit zu sein, eingeschlagene Wege zu verwerfen und neue auszuprobieren.
Dabei ist es auch wichtig, seine Ideen anderen Leuten vorzustellen und Feedback zu erhalten. Sei es im eigenen Team, bei Start-up-Veranstaltungen oder natürlich auch vor potentiellen Kunden. Ich kenne das von mir selbst, dass man am Anfang dazu neigt, anderen nicht zu viel zu verraten. Dies führt letztendlich jedoch nur dazu, dass man kein Feedback und keine Unterstützung bekommt. Das ist aber sehr wichtig, wenn man eine Geschäftsidee und ein Start-up sinnvoll umsetzen möchte.
Zur Website von „RoadAds“ (externer Link).
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