1. Abgabe des Vertriebs
Gründer sind gerade zu Beginn für alles zugleich zuständig: Produktentwicklung, Lieferantenbetreuung, Mitarbeiterführung, Kundenservice, Marketing und Vertrieb. Doch kann man nicht in allem Experte sein. Da liegt der Gedanke nahe, Tätigkeiten zeitnah auszulagern. Besonders beliebt ist die Auslagerung des Vertriebs an Fachleute. Die These: Erfahrenere Vertriebskräfte erzielen schneller hohe Umsätze und bringen damit die Unternehmensneugründung bzw. das bestehende Unternehmen voran.
Tatsächlich ist eine zu frühe Auslagerung des Vertriebs für das Unternehmen jedoch sogar schädlich. Erschließt man den Markt mit einem neuen Produkt, ist dieses noch nicht optimiert. In der Regel ist die Vorvalidierungsphase nicht sehr lang und so erhält man gerade in der Anfangszeit wichtiges Kundenfeedback zum Thema Produkt, Positionierung und Kommunikationserfolg. Diese Erkenntnisse sind wichtig für die weitere Entwicklung des Unternehmens und der Marketingstrategie. Man spricht hier auch von der „Explore & Learn“-Phase bzw. der darauffolgenden „Standardize & Optimize“-Phase. Es geht also zunächst darum, den Markt zu erkunden und aus den Erkenntnissen zu lernen, bevor man den Vertrieb tatsächlich standardisiert und für die Auslagerung optimiert.
Gründer sollten den Vertrieb daher nicht zu früh in fremde Hände geben, sondern den Kundenkontakt suchen, Verbesserungspotentiale an Produkt, Dienstleistung und Geschäftsmodell identifizieren und mehrere Verbesserungsschleifen durchlaufen, bevor sie diese Tätigkeit abgeben.
2. Zu viele Anwendungsfälle avisieren
Gründer sind stets überzeugt von ihrem Produkt: Schnell werden diverse Anwendungsfälle skizziert und beworben, um möglichst viele Leute anzusprechen. Oft führt dieses Vorgehen jedoch zu diffusen und nicht strategischen Handlungen. Daraus folgen verschwendete Ressourcen und Frustration aufgrund der geringen Erfolgsquote.
Sinnvoller ist es, erst einen gut passenden Produkt-Markt-Fit zu finden. Das heißt, einen Anwendungsfall, bei dem das Produkt exakt das Bedürfnis des Markts befriedigt und der dann Hauptwerbemotiv wie Verkaufsargument wird. Erst wenn der perfekte Produkt-Markt-Fit gefunden ist, gibt es eine Strategie und kann der Vertrieb abgegeben werden.
Bis dahin liegt es an den Gründern, den Markt zu erforschen, die Kunden verstehen zu lernen und einen Zugang zu deren Bedürfnissen zu finden. Auch wenn es schwerfällt: Man sollte sich als Existenzgründer zunächst auf eine eingeschränkte Zielgruppe fokussieren, bevor man weitere Anwendungsfälle hinzunimmt und die Zielgruppe ausweitet. Dieses Vorgehen sichert eine gebündelte Ressourcenverwendung.
3. Fehlendes Kundenfeedback
Mit der zunehmenden Verbreitung der Lean-Startup-Methode ist dieser Fehler selten geworden. Dennoch scheitern immer wieder Unternehmensgründungen an mangelnder Marktrecherche – und zwar der direkt am Kunden. Statt Monate hinterm Schreibtisch zu sitzen und Produkteigenschaften zu optimieren, sollte unmittelbar der Kundenkontakt gesucht und die Resonanz analysiert werden. So stellt man frühzeitig fest, ob die Kunden auch tatsächlich bereit sind, Geld für das eigene Produkt auszugeben.
Eine Vertriebsstrategie kann nur erfolgreich sein, wenn es auch tatsächlich einen Markt für dieses Produkt gibt.
4. Die falsche Preisgestaltung
In Bezug auf die Preisgestaltung unterscheiden sich B2B- und B2C-Konzepte. Wirkt ein hoher Preis auf Endkonsumenten regelmäßig abschreckend – mit Ausnahme von Luxusmarkenstrategien – werden diese Kosten bei Unternehmen als Investitionen in Kauf genommen. Schließlich dient die Investition der Erzielung nachhaltig höherer Umsätze und rentiert sich im besten Fall nach kurzer Zeit von selbst. Daher sind Unternehmen eher dazu geneigt, viel Geld für ein wirklich problemlösendes Produkt auszugeben als wenig Geld für ein nicht vergleichbares.
Start-ups neigen dazu, ihre Preise zu niedrig anzusetzen, um die Markteintrittsschwelle zu senken. Dabei riskieren sie jedoch die eigene Profitabilität und Produktwahrnehmung. Ein besonders niedriger Preis ist für viele Unternehmen ein Signal niedriger Qualität.
Auch hier hilft die eigene Durchführung des Vertriebs: Die Kundenreaktionen auf die ersten Preisverkündungen verraten, ob mehr drin ist oder nicht. Entrepreneure sollten ihren Kunden genau zuhören und ein Gefühl dafür entwickeln, welches das gesunde Maß ist.
5. In die falschen Personen investieren
Gemeint sind hier nicht die Mitarbeiter. Es sind die Kunden. Pilotprojekte durchzuführen, um wichtige Referenzkunden vorweisen zu können, ist eine sinnvolle Investition. Gründer müssen jedoch den Nutzen des Pilotprojekts und der Referenz richtig einschätzen lernen und sollten nicht in vermeintliche Kunden, die keine werden, investieren.
Es gibt Unternehmen mit Digitalisierungsabteilungen, die Projekte durchführen, ohne eine Kaufabsicht zu haben. Man sollte darauf achten, befugte Entscheidungsträger einzubeziehen und die Ernsthaftigkeit der Zusammenarbeit versuchen zu beurteilen. 10 Pilotprojektkunden sind nicht unbedingt 10 Kunden. Erst, wenn sie für das Produkt bezahlen, hat man einen Kunden gewonnen.
6. Schleifen, Schleifen, Schleifen
Schleifen kann zwei Bedeutungen haben: Die Schleife als Wiederholung oder das Schleifen als Hobeln. Beide Bedeutungen treffen bei der Vertriebsoptimierung zu. Alle Erkenntnisse, die Gründer aus dem Kundenkontakt ziehen, nützen nichts, wenn Prozesse starr beibehalten werden. Der Rat in der Gründerszene ist stets derselbe: Prüft euch – immer und immer wieder. Dreht eine weitere Schleife und hobelt das Geschäftsmodell nochmal passender.
Erst dann ist Standardisierung möglich. Und selbst nach der Standardisierung sollten die Prozesse regelmäßig auf Optimierungspotential geprüft und nicht als Optimum angesehen werden.
7. Eine klare Aussage fordern
Eine große Angst bei Gründern ist es, potenzielle Kunden zu verprellen. In der Hoffnung, vielleicht, möglicherweise und eventuell doch noch eine Kaufzusage zu erhalten, werden unklare Antworten hingenommen und die Kunden weiterbearbeitet. Tatsächlich verlieren Gründer so jedoch viel Zeit an die falschen Interessenten und vernachlässigen so die wirklich Kaufinteressierten.
Eine Zielsetzung im Vertrieb sollte es daher sein, klare Aussagen einzufordern und auf ein „Ja“ oder „Nein“ zu drängen. Wer „Nein“ sagt, der hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit ohnehin nicht gekauft und nur Aufwand verursacht. Gründer müssen lernen, klare Aussagen einzufordern und ihre Ressourcen auf die erfolgsversprechenden Fälle zu konzentrieren.
8. Keine Kennzahlen nutzen
Zahlen sind manchen Gründern ein Gräuel. Doch sie sind wichtig und nicht einfach an den „Finance guy“ auszulagern. „Kenne dein Geschäft“ – diese Aussage hört man in der Gründerszene immer wieder. Kennen bedeutet wissen, weshalb was und in welchem Ausmaß geschieht. Das Verhältnis von Input und Output ist hier besonders relevant, es bezeichnet die Effizienz der eigenen Bemühungen. Optimal ist es, diese Kennzahlen bereits bei Unternehmensgründung im Businessplan inkl. Finanzplan zu definieren.
SaaS (Software as a Service) gibt es mittlerweile zu Genüge und so sollten Gründer die Möglichkeit nutzen, ihre Kunden zu kennen, die Bemühungen zu analysieren und die Prozesse mit Blick auf die Steigerung der Effizienz zu optimieren.
9. Das richtige Team
Eine der größten Herausforderungen für Gründer ist die Zusammenstellung des richtigen Teams. Die Identifikation und Akquise geeigneter Mitarbeiter ist schwierig und erfordert eine gute Menschenkenntnis. Beim Vertrieb spielt zudem Erfahrung eine wichtige Rolle. Jemand der 20 Jahre Vertriebserfahrung hat ist jedoch möglicherweise weniger geeignet als jemand der nur 3 Jahre Vertriebserfahrung hat. Weshalb ist das so?
Es kommt auf die Art der Erfahrungen an. Ein junger und dynamischer Bewerber, der 3 Jahre lang ein anderes Start-up mit aufgebaut hat, kann für das Team sehr viel wichtiger als ein sehr erfahrener Vertriebsleiter aus einem Konzern sein. Diese sind die Arbeit mit wenigen Ressourcen häufig nicht gewohnt und kennen das „Wohin“ aber nicht das „Wie“. Bei Start-ups läuft einiges anders und dies sollte Berücksichtigung in der Mitarbeiterakquise finden.
10. Alte Bekannte und neue Fremde
Im Streben nach Wachstum fokussieren sich Gründer häufig auf die Akquise neuer Kunden. Das ist gut und wichtig. Jedoch verlieren sie dabei zumeist die bestehenden Kunden aus den Augen. Upselling lautet das Zauberwort: Ohne neue Akquise-Kosten zu verursachen, können Gründer beachtliches Wachstum durch die Bearbeitung von Bestandskunden herbeiführen.
Manchmal liegt das Potenzial in der Schublade (oder im digitalen Kundenordner). Alte Bekannte sind ebenso wichtig wie neue Fremde. Nur so kann ein Unternehmen langfristig Erfolg haben.
Fazit
Die Organisation des Vertriebs ist eine Herausforderung und erfordert zu Beginn vor allem eins: Die Gründer. Der Aufbau ist Chefsache und sollte nicht zu früh aus der Hand gegeben werden. Wer sein unternehmerisches Know-how in Bezug auf den Vertrieb professionalisieren und mit Unterstützung von Experten ausbauen möchte, kann sich die Zusammenarbeit mit einer Unternehmensberatung fördern und sich die Kosten zu 50 % vom Bundesministerium für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) fördern lassen. Nähere Informationen hierzu gibt es unter „BAFA-Förderung für Unternehmensberatungen“ oder der kostenlosen Info-Hotline 0800 / 58 95 505 bzw. über unseren Fördercheck.
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